Nachbarschaft

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Ein Geburtstagsgeschenk führte vor zehn Jahren zur Gründung des Kultursalons Die FlaneureJutta Kümmel (auf unserem Foto links mit anderen Vereinsmitgliedern) erhielt einen Gutschein für ein Hauskonzert mit einem Streichquintett – einzulösen in ihrer eigenen Charlottenburger Wohnung. „Das war schön – machen wir das doch mal öfter!“, dachten sich Kümmel und ihre Gäste.

Seitdem laden „Die Flaneure“ ein bis zwei Mal im Monat zu Konzerten, Ausstellungen, Lesungen und Vorträgen in die Wohnung an der Knesebeckstraße 89 oder einen Garten des Hauses ein. Dabei werden Spenden gesammelt, um den auftretenden Künstlerinnen und Künstlern eine Gage zahlen zu können. Und der Erfolg ist längst so groß, dass die Plätze nicht immer ausreichen.

An die rund 200 bisherigen Veranstaltungen erinnert nun eine Jubiläumsausstellung mit vielen Fotos. Die nächste Gelegenheit, sie anzuschauen, gibt es bei einem Liederabend mit der Pianistin Linda Leine und der Sängerin Pia Davila am 21. Januar ab 20 Uhr (Anmeldung per E-Mail an dieflaneurekultursalon@web.de).

Einer der prominentesten Akteure im Salon war kein Künstler, sondern Politiker: Ein paar Monate vor der letzten Bundestagswahl stellte der heutige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sein Buch „Wer wir sein könnten“ vor und diskutierte mit den Gästen.

Seit Ende 2015 sind „Die Flaneure“ ein eingetragener Verein mit derzeit 17 Mitgliedern. „Wir knüpfen ein klein wenig an die Salonkultur des 19. und 20. Jahrhunderts an, als in Berlin in vielen Wohnzimmern der Grundstock gelegt wurde für musikalische oder literarische Karrieren“, heißt es. Wichtig ist dem Verein dabei, einen Austausch zwischen den Protagonisten und dem Publikum zu ermöglichen. Darüber hinaus werden Kontakte zwischen Sponsoren und jungen Musiker:innen geknüpft.

In Jutta Kümmels Wohnzimmer passen bis zu 60 Gäste. Zum Schutz vor Corona-Infektionen ist die Zahl der Plätze momentan auf 35 begrenzt. Diese seien „immer ausgebucht“, sagt Jutta Kümmel. Ein festes Eintrittsgeld verlangt sie nicht, bittet aber um Spenden von mindestens 15 Euro.

Beruflich ist die 60-Jährige als Heilpraktikerin und Mentaltrainerin tätig. Zusammen mit der früheren Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Schwimmen, Britta Steffen, und einer weiteren Geschäftspartnerin betreibt sie eine Coaching-Agentur für Gesundheitstraining.

Die anderen Hausbewohner fühlen sich laut Kümmel keineswegs durch die Salonmusik gestört, sondern „hören gerne mit“. Bei den sommerlichen Gartenkonzerten „stehen oder sitzen sie mit Kerzen auf dem Balkon“. Einer der Nachbarn ist dem Verein sogar beigetreten.

Das musikalische Spektrum soll wachsen. Jutta Kümmel wünscht sich „mehr Tango, Jazz und Musicals“. Zuletzt wurden auch einige ukrainische Künstlerinnen und Künstler eingeladen. 

Für den kommenden Sommer planen „Die Flaneure“ ein großes Jubiläumsfest. Kleine Leckereien aus Jutta Kümmels Küche sowie Wein und andere Getränke gehören bei allen 

Veranstaltungen dazu. Oft bringen Gäste auch selbstgemachten Kuchen mit.

  • Foto: Cay Dobberke
  • Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge an cay.dobberke@tagesspiegel.de.